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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Im Zuge eines ausbrechenden Krieges verändert sich nicht nur das Gesicht einer Stadt, sondern auch jenes der Gesellschaft.

Kritik

H.G. Wells lieferte mit Romanen wie Der Krieg der Welten, Die Insel der verlorenen Seelen oder Die Zeitmaschine die literarischen Vorlagen für eine ganze Reihe an Klassikern des Science-Fiction-Kinos. Gleiches gilt für sein 1933 veröffentlichtes Buch The Shape of Things to Come, das die Grundlage für den britischen Film Things to Come darstellt. Ein Werk aus dem Jahr 1936, zu dem der renommierte Autor höchstpersönlich das Drehbuch beisteuerte und für dessen Realisierung dereinst ein immenser Aufwand betrieben wurde. Doch obwohl Things to Come die bis zu diesem Zeitpunkt teuerste Filmproduktion in der Geschichte Großbritanniens darstellte, sollte dem Film kein großer Erfolg an den Kinokassen vergönnt sein. Ein Schicksal, das neun Jahre zuvor bereits den deutschen Science-Fiction-Film Metropolis ereilt hatte.

Beginnend an einem vom drohenden Krieg überschatteten Weihnachtsabend im Jahr 1940 umspannt die Handlung von Things to Come einen Zeitraum von gut 100 Jahren. Dabei erleben wir ein über Jahrzehnte hinweg andauerndes Kriegsgeschehen, gefolgt von einer in den Ruinen grassierende Seuche, die ihre Opfer zu zombieähnlichen Gestalten werden lässt. Wir sehen eine zersplitterte Bevölkerung, die das Wissen um einstige technische Errungenschaften verlorenen hat und von sich gegenseitig bekriegenden, königsgleichen Warlords regiert wird. Aber auch den darauffolgenden Wandel hin zu einer hochmodernen, von Wissenschaflter*innen geführten Gesellschaft, in der das Streben nach Erkenntnisgewinn und stetigem Fortschritt die höchste Maxime darstellt. Bei alledem ist Things to Come weniger an dem einzelnen Individuum als an der gesellschaftlichen Entwicklung als Ganzes interessiert.

So ist es beispielsweise nicht etwa ein Charakter aus Fleisch und Blut, der im Zentrum des Geschehens steht, sondern die Stadt Everytown. Eine Stadt, deren Gesicht sich im Laufe des Films wiederholt verändert. Dies hat zur Folge, dass wir uns, anstatt emotional mitzufiebern, in der Rolle eines neutralen, distanzierten Beobachters wiederfinden. Die effektreichen Bilder, die uns im Laufe des Films immer wieder präsentiert werden, laden ein ums andere Mal zum Staunen ein. Selbst heute noch. Denn der betriebene Aufwand wirkt nicht nur mit Blick auf das Produktionsjahr enorm. Uns erwarten mehrere Massenszenen wie jene des geschäftigen Treibens am Weihnachtsabend oder aber in Form der um sich greifenden Panik aufgrund des ausbrechenden Krieges. Wir sehen rollende Panzer, marschierende Soldaten, den Himmel säumende Kampfgeschwader. Dazu gibt es grandios gestaltete Kulissen wie z. B. jene des zerbombten Everytowns. Nicht minder ansehnlich fallen zudem die vielen wunderschön gezeichneten Matte Paintings aus.

Das große visuelle Highlight des Films ist jedoch eine mehrminütige Bildmontage dessen, wie Everytown schließlich ihre finale Form annimmt und quasi neu erfunden wird. Dabei kommen u. a. eine Vielzahl an Miniaturmodellen von futuristischen (Bau)Fahrzeugen, mechanischen Apparaturen sowie automatisierten Produktionsanlagen zum Einsatz. Vieles von Things to Comes visuellem Reiz dürfte Regisseur William Cameron Menzies (Invasion vom Mars) zu verdanken sein, der seines Zeichens eigentlich vorrangig im Bereich Produktionsdesign tätig war, wodurch er ein ganz besonderes Auge für derlei Dinge mitbrachte. Hierzu ein kleiner Funfact am Rande: Der Begriff "production designer", der heutzutage absolut geläufig ist, tauchte erstmalig in den Post-Credits von Vom Winde verweht auf und wurde dort exklusiv für Menzies als eine Form der Würdigung seiner (herausragenden) Arbeit geschaffen.

Das futuristische Antlitz, in dem die Stadt Everytown letztlich erstrahlt sowie die Entscheidung, vereinzelt expressionistisch gehaltene Szenen in Things to Come einfließen zu lassen, machen es alles andere als leicht, nicht an Fritz Langs eingangs erwähnten Film Metropolis denken zu müssen. Ein Werk, das Wells so gar nicht leiden konnte. Seinem Unmut machte er damals in Form einer Review für die New York Times Luft, die er mit den Worten „I have recently seen the silliest movie“ begann. Wo der 1927 erschienene Metropolis u.a. einen kritischen Blick auf fortschreitende Technisierung respektive das Streben nach Fortschritt wirft, sieht Things to Come darin (in den "richtigen" Händen) primär das Potenzial für einen lebensrettenden Heilsbringer. In diesem Zusammenhang darf durchaus gemutmaßt werden, ob Wells mit seinem 1933 veröffentlichten Roman (bzw. der filmischen Adaption) nicht evtl. eine Art Gegenentwurf zu Langs düsterer Zukunftsvision im Sinn hatte.

Nur stellt sich dann auch die Frage, ob die von ihm im Laufe des Films neu entworfene Gesellschaft denn (langfristig) tatsächlich eine so viel erstrebenswertere Alternative darstellt. In Wells finaler Gesellschaftsordnung mögen zwar Krankheiten, Kriege sowie Hunger Relikte aus grauer Vorzeit darstellen, doch eine von Wissenschaftler*innen geführte Welt muss einem dennoch Sorgen bereiten. Die Entscheidungsgewalt in die Hände von Menschen zu legen, deren Durst nach Fortschritt, Erkenntnisgewinn und Weiterentwicklung schier grenzenlos ist, ohne dass diesen noch irgendjemand irgendwelche Grenzen aufzeigt, erscheint auf dem Weg gen Utopia dann doch höchst bedenklich. Allein schon deshalb, weil diese neue „Regierungsform“ mit Demokratie respektive Mitbestimmung nicht viel zu tun hat, sondern vielmehr wie eine Art der Diktatur erscheint.

Sinnbildlich für den unbändigen Drang nach Fortschritt steht der Plan, Menschen mit einer überdimensionalen Kanone gen Mond schießen zu wollen (Le Voyage dans la Lune lässt grüßen). Ein Vorhaben, das im Film selbst zwar von einer Person kritisiert wird, dies aber augenscheinlich mehr um der „Dramatik“ willen als aufgrund von echter Besorgnis seitens Wells' Drehbuch. Was indes gar nicht näher ausformuliert wird, ist, wie diese neue Gesellschaft im Detail eigentlich funktioniert. Dass sie es tut, muss uns daher genügen. Wobei man darüber spekulieren kann, ob entsprechende Szenen nicht womöglich der Schere zum Opfer gefallen sein könnten. Denn vor seiner Veröffentlichung wurde Things to Come um sehr viele Minuten an zuvor gedrehten Szenen erleichtert (ohne Wells, der nicht nur das Drehbuch verfasst hatte, sondern allgemein in die Produktion involviert war zu Rate zu ziehen). Daran, dass Things to Come in seiner Gänze ein sehr faszinierendes Szenario entwirft, ändert dies alles aber letztendlich wenig.

Fazit

Eingebettet in beeindruckende Bilder zeigt uns der aus dem Jahre 1936 stammende „Things to Come“, wie sich eine Gesellschaft über knapp hundert Jahre hinweg verändert. Dabei ist das zugrunde liegende, von H.G. Wells verfasste Drehbuch weniger am Individuum als vielmehr am großen Ganzen interessiert. Die Folge davon ist, dass wir dem Geschehen ungewöhnlich distanziert gegenüberstehen. Trotzdem bietet „Things to Come“ großes Science-Fiction-Kino, dem ähnlich wie „Metropolis“ eine überaus hohe Relevanz innerhalb des Genres innewohnt.

Kritik: Constantin Wieckhorst

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